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Will Schusterick: Mit 18 US Disc Golf Champion

11.10.2010 | Ewald Tkocz. Will Schusterick ist der neue US Disc Golf Champion. Der 18jährige bezwang in einem Thriller auf der Schlussrunde Titelverteidiger Nikko Locastro und ist nun jüngster USDGC-Champion aller Zeiten. Der smarte Highschool-Absolvent erhielt für seinen Sieg 12.000 $. Locastro musste sich mit der Hälfte begnügen.

Der Junge hatte einen Plan. Einen Meisterplan. Von der ersten Runde an. Und das Wunderbare: er funktionierte. „Mein konservatives Spiel ist belohnt worden, kein Wurf ins o.b. und nur ein Bogey“, sagte der Tennessee-Boy aus Knoxville nach der ersten Runde, „und genau so werde ich weiterspielen.“ Und nach der dritten Runde: „Kein Strafwurf. Davon träumst du, wenn du auf dem Winthrop Gold Kurs spielst.“ Locastro war ohne Zweifel der brillantere Spieler, spektakulär, manchmal mit draufgängerischer „Alles oder nichts“-Strategie. Doch letztlich gaben seine drei Eagles und 36 Birdies nicht den Ausschlag (Schusterick: kein Eagle, 33 Birdies). Der Jüngere machte einfach weniger Fehler.

Showdown an den Bahnen 12 und 14 – Locastro verschenkt den Sieg

Kurioserweise gewann Schusterick das Turnier, als es für ihn schon verloren schien. Mit zwei Würfen Vorsprung auf Nikko Locastro war der Youngster in die Finalrunde gegangen, den er bis Bahn acht verteidigte.  An der 9 und 10 egalisierte Locastro den Rückstand. Vor dem Abwurf an der 275 Meter langen Bahn 12 war Schusterick wieder einen Wurf vorn. Doch sein zweiter Drive landete im o.b. Und auch beim zweiten Versuch – nach der „stroke & distance-Regel musste er den Wurf wiederholen – verfehlte er das Fairway erneut. Mit einem Triple-Bogey (8) schien sein Traum vom Titel ausgeträumt, zumal Locastro an Bahn zwölf ein Birdie spielte (4) und nun mit drei Würfen Vorsprung in Führung ging. Alles schien angerichtet für eine erfolgreiche Titelverteidung des 22jährigen aus St. Louis, etwas, was bisher nur dem 12maligen Weltmeister Ken Climo 2000 gelungen war.

Doch nun machte Will seinem Vornamen, der, ins Deutsche übersetzt, auch Willenskraft bedeutet, alle Ehre: „Ich habe mir gesagt, dass ich aufhören muss mich zu fragen, was ich tue.“ Mit perfekten Drives spielte Schusterick an der berüchtigten „888-Fuß-Bahn“ 13 ein Birdie, während Locastros Scheibe nach einem großen Hyzer vom Korb weg skippte und er – nach misslungenem Putt – einen Wurf Vorsprung einbüßte.

Nun geschah an der nur gut 130 Meter langen Bahn 14 das Unfassbare: während Schustericks Hyzer mit der o.b.-Linie flirtete, leistete sich Nikko Locastro zwei Würfe ins o.b, geriet mit drei Würfen in Rückstand. „This will be a heart-breaker for me because I had it in my hands“ (O-Ton Locastro), sagte er nach dem Turnier, „ich hatte jede Möglichkeit der Welt, aber ich habe den Kurs nicht so gespielt wie ich hätte sollen.“

Im Vorjahr hatte der exzentrische Locastro einem anderen Superstar „das Herz gebrochen“, hatte dem führenden David Feldberg auf der Finalrunde fünf Würfe abgenommen und sich seinen ersten Major-Titel gesichert. Doch 2010, den Sieg vor Augen, schien er dem Druck nicht standzuhalten.  Schusterick hingegen hatte nicht mehr das Gefühl, dass etwas schief gehen könnte: „Ich hatte nun an jedem Abwurf das Selbstvertrauen, als spielte ich auf meinem Heimkurs.“ Birdie an der 15. Als Will an der 16 aus zehn Metern einputtete, ballte er die Fäuste, das Publikum brach in Jubel aus. Auch sie wussten nun: das Ding ist durch. „Ich war ganz nah dran“, sagte der tief enttäuschte, entthronte US-Champion nach dem Turnier. Aber Locastro war der erste der seinen Nachfolger umarmte und ihm fair gratulierte.

Jussi Meresmaa bester Europäer: Platz vier hinter Steve Brinster

Er hatte nur eine Trainingsrunde auf dem Kurs. Aber das schien für Jussi Meresmaa die richtige Vorbereitung zu sein. „Ich habe zu Janne Kotka nach dem Presidents Cup gesagt: ‚Jetzt fängt unser Urlaub an’“, sagte der dreifache finnische Meister nach dem Turnier. Mit Runden von 63, 67 und 61 hatte sich Turnierdirektor des Presidents Cup als Dritter ins Finale gespielt, wo er noch eine 61er-Runde folgen ließ. Dies reichte jedoch nicht, um den entfesselt aufspielenden Steve Brinster zu halten, der mit zwölf unter Par (56) die mit Abstand beste Schlussrunde hinlegte und Dritter wurde. Fünfter wurde Michael Johansen.

Viele der hoch gehandelten Ex-Champions hatten mit der Entscheidung nichts zu tun. David Feldberg, der die US National Tour dominiert hatte, spielte, wie auch Barry Schultz (60), erst am Schluss seine beste Runde (61). Beide teilten sich Platz sieben mit zehn Würfen Rückstand auf Will Schusterick. Ken Climo wurde Zwölfter. Avery Jenkins (21.) und Nathan Doss (30.) hatten bereits in der ersten Runde ihre Chancen auf eine vordere Platzierung vergeben. Eric McCabe zeigte erst in der zweiten Hälfte des Turniers, warum er in diesem Jahr Weltmeister geworden war. „emac“ teilte sich Rang 17 mit Karl Johan Nybo aus Dänemark, der nach der ersten Runde nur einen Wurf hinter Schusterick/Locastro gelegen hatte, in der zweiten Runde jedoch mit einer 71 zurückfiel.

Will Schusterick: Geburt eines neuen Superstars?

Er ist ein Tennessee-Boy und schwärmt – wie  wie könnte es anders sein? – für eine Tennesse-Schönheit, die 24jährige Schauspielerin Megan Fox aus Rockwood. Er läuft gern, spielt Basketball, Baseball und Ultimate, schaut sich gerne Football-Spiele im Fernsehen an. Ein typisch amerikanischer Junge. Auch sein Musikgeschmack unterscheidet sich kaum von dem anderer Gleichaltriger: Eminem, Linkin Park, Lil Wayne, Drake, Red Hot Chili Peppers.

Doch seit Sonntag ist der 18jährige ein Champion. Und sein Name wird eingraviert neben denen anderer US-Champions: Ken Climo, Barry Schultz, Nathan Doss, David Feldberg, Nikko Locastro. Seit Sonntag ist die Welt von Will Schusterick aus Knoxville aus den Fugen. „A superstar is born“, sagte Stan McDaniel zu Will, als er auf den Beginn der Siegerehrung wartete. Man könnte auch von einer Sternstunde des Youngsters sprechen. Denn dieser Erfolg hatte sich in keinster Weise angekündigt. Schusterick, mit einem PDGA-Rating von 1015, war bei der USDGC nur einer von 78 Spielern mit über 1000 Punkten. Auch wenn er in der Vergangenheit eine Reihe von respektablen Ergebnissen aufzuweisen hatte – er wurde unter anderem 2008 US Doubles Champion mit Kris Orrick – schien nichts darauf hinzuweisen, dass er bei den USDGC triumphieren könnte.

Der Junge hatte seinen Triumph voraus geahnt, in der Nacht vor der entscheidenden Finalrunde bei der US Disc Golf Championship in Rock Hill. „I just knew my life was going to change“, sagte er nach seinem Sieg. Und diese Gewissheit hatte ihm eine (fast) schlaflose Nacht beschert. Dabei hatte er während des gesamten Turniers beschworen, nichts ändern zu wollen. „I don’t want to change anything else“, sagte er nach der dritten Runde, die ihm die Führung vor dem hochfavorisierten Nikko Locastro eingebracht hatte. Und bezog ausdrücklich seinen Caddy, Jenna McDaniel mit ein. „I threw the shots I wanted to throw“, sagte er nach der 56er-Runde mit dem Rating 1083, „my current game plan is working.“ Game plan. Ein Schlüsselwort Will Schustericks. Er wusste vom ersten Abwurf an, was er wollte: auf dem o.b.-gespickten Kurs Strafwürfe vermeiden. Was ihm in bewundernswerter Weise gelang.

Und es gab Schlüsselszenen, die seine Champion-Qualitäten eindrucksvoll unter Beweis stellten. In der zweiten Runde drehte Nikko Locastro groß auf, spielte auf dieser Runde einen Eagle und 11 Birdies! Dann der Knackpunkt an Bahn 12: Nikkos Drive flog out of bounds und er kassierte an der Par fünf-Bahn eine Zehn. Auch Schustericks Annäherung misslang. Ohne viel nachzudenken, holte er eine Xcaliber aus der Tasche und feuerte die Scheibe aus mehr als 400 Fuß Entfernung zum Birdie in den Korb. Allein an dieser Bahn machte Schusterick sechs Würfe auf Locastro gut.

Als ihm an derselben Bahn in der Finalrunde ein ähnliches Missgeschick widerfuhr wie Locastro, als er nämlich seinen zweiten Drive zweimal ins o.b. setzte und nach einem Triple-Bogey alles verloren schien, ließ er nicht lange den Kopf hängen. „I just told myself I need to stop questioning what I’m doing“, schilderte er nach dem Turnier den Inhalt seines Selbstgesprächs. An Bahn 13 verkürzte Schusterick den Rückstand auf Locastro um einen Wurf, hielt den Druck auf den Titelverteidiger aufrecht, der prompt an der folgenden Bahn patzte und den zum Greifen nahen Sieg verspielte.

Für Innova ist Will jetzt der neue Stern im „Champion Team“, aus dem auch noch Steve Brinster und Jussi Meresmaa das Finale der besten fünf Spieler erreichten. Jahrgang 1992. Wie der aktuelle Vize-Europameister Simon Lizotte. Offenbar ein exzellenter Jahrgang für Discgolf-Champions.

Ergebnisse: www.pdga.com

Bild: pdga Media
Redaktion: Matthias Masel